Da die Geschäftsordnung für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Frankenberg keine persönliche Erklärung in der Sitzung zulässt, möchten wir als SPD Fraktion folgende Stellungnahme zu den Vorkommnissen der letzten Stadtverordnetenversammlung abgeben:
Der Umgang der Fraktionen der CDU, der Grünen und der FDP mit unserem Antrag, dass in den Neubaugebieten der Stadt zukünftig jeweils eine Straße nach Emil Plaut, Karl Richter und der Familie Katzenstein benannt werden sollen, hat uns unvorbereitet getroffen und fassungslos gemacht. Dass unsere Anträge von den Mehrheitsfraktionen im Stadtparlament normalerweise abgelehnt werden, ist uns bewusst. Dass dies aber selbst bei einem Antrag zum Gedenken an die Opfer und Verbrechen der Nazis geschieht, haben wir uns nicht vorstellen können, zumal die hervorgebrachten „formalen Mängel“ nachweislich falsch sind (siehe Anfrage der SPD Fraktion vom 01.11.2016: „Die Benennung von Straßen nach Personen bleibt weiterhin der Stadtverordnetenversammlung vorbehalten“). Wenn tatsächlich für die genannten Fraktionen die Formalia im Vordergrund gestanden hätten, wäre es problemlos möglich gewesen, den Antrag in den Bauausschuss zu überweisen.
Zum Hintergrund
In der Stadtverordnetenversammlung am 16.11.2017 haben wir bereits den Antrag eingebracht, dass „bei der Benennung von Straßen/Plätzen/Brücken im Stadtgebiet Frankenberg das Gedenken an während des NS-Regimes verfolgte und/oder ermordete Frankenberger Bürgerinnen und Bürger eine Rolle spielen soll. Es ist ausdrücklicher Wunsch, dass Straßen/Plätzen/Brücken im Stadtgebiet Frankenberg nach während des NS-Regimes verfolgten und/oder ermordeten Frankenberger Bürgerinnen und Bürger benannt werden.“ Dieser Antrag wurde uns ebenfalls von CDU, Grünen und FDP abgelehnt, mit der Begründung, dass er zu unkonkret sei und dass man sich konkrete Vorschläge für Namen wünsche. Damals war keine Rede von vermeintlichen formalen Fehlern. Wir haben also, dem Wunsch der anderen Fraktionen entsprechend, konkrete Vorschläge in Zusammenarbeit mit dem Geschichtsverein erarbeitet und in der letzten Stadtverordnetensitzung unterbreitet.
Verhalten der Fraktionen
Wir sind erschrocken über das Verhalten von CDU und Grünen, haben wir doch bisher den Umgang in der Stadtverordnetenversammlung meistens als fair empfunden. Besonders enttäuscht sind wir von der FDP Fraktion, die es nicht einmal für nötig hielt, ihre Ablehnung zu begründen.
Darstellung in der Presse
Wir bedanken uns bei der HNA für den Artikel zu den Vorkommnissen, möchten allerdings zwei Dinge gerne hinzufügen:
- Gegen Ende des Artikels wird der Fraktionsvorsitzende der CDU Jannik Schwebel-Schmitt damit zitiert, dass seine Partei das Gedenken an die Opfer der Nazis für wichtig halte und dass sie zu einem „interfraktionellen Austausch“ gerne bereit sei. Wir versichern hierzu: Zu keinem Zeitpunkt hat Herr Schwebel-Schmitt oder ein anderes Mitglied seiner Partei vor, während oder nach der Sitzung versucht, mit uns in Kontakt zu treten oder uns zu verstehen gegeben, dass sie ein Problem mit unserem Antrag haben. Es kann somit nicht davon die Rede sein, dass die CDU an einem Austausch diesbezüglich interessiert war oder ist.
- In seinem Kommentar kritisierte Herr Paulus, dass vier Parlamentarier unserer Fraktion den Saal aus Protest verlassen haben und dies undemokratisch sei. Hierzu erklären die Betroffenen Dr. Hendrik Sommer, Helga Hohn, Volker Heß und Hendrik Klinge: „Unser Verlassen der Sitzung war eine spontane Reaktion auf die Vorkommnisse zu unserem Antrag. Bereits vor anderthalb Jahren ist ein ähnlicher Antrag unsererseits gescheitert. Zu diesem Antrag haben wir damals Rückmeldungen und Begründungen der anderen Fraktionen erhalten, die wir allesamt in den neuen Antrag eingearbeitet haben. Die erneute Ablehnung unseres Antrages unter Nennung „formaler Gründe“, die offensichtlich unkorrekt sind, war eine Grenzüberschreitung der anderen Fraktionen, welche wir deutlich machen wollten. Besonders, dass keine der anderen Fraktionen es für nötig gehalten hat, ihre Bedenken zu unserem Antrag im Vorfeld zu besprechen, erstaunt uns – denn wenn sie das Gedenken an die Opfer der Nazis tatsächlich für wichtig erachten, wäre ein anderes Vorgehen und ein gezielter und konstruktiver Austausch vor, während oder nach der Sitzung oder auch im Ausschuss problemlos möglich gewesen.“
Dank an Bürgermeister Heß
Zum Abschluss der Stellungnahme möchten wir uns bei Herrn Bürgermeister Heß für seinen fairen Umgang mit uns und der Situation bedanken.